Im Gegensatz zu börsennotierten Konzernen verfügen Familienunternehmen über größere Freiheiten hinsichtlich Form, Zusammensetzung und zugewiesener Kompetenzen ihrer Beiräte. Dies hat oftmals zur Folge, dass Familienunternehmer andere Familienunternehmer als externe Beiratsmitglieder berufen – unabhängig von Größe, Branche, Alter oder Rechtsform des Unternehmens. Die Vorteile liegen hierbei auf der Hand: Aufgrund ihres unternehmerischen und familienorientierten Hintergrunds und ihrer Management-Erfahrung können sie die Bedürfnisse, Prozesse und Belange von Familienunternehmen besser einschätzen als andere Beiratskandidaten.
Obwohl dieses implizierte gegenseitige Verständnis zwischen den beiden Familienunternehmern im Beirat die notwendigen Kommunikations- und Abstimmungsprozesse zunächst erleichtert, sollten die Beteiligten nicht davon ausgehen, dass keine weitere Arbeit notwendig wäre, um in diesem Kontext ein vertrauensvolles Verhältnis auf Augenhöhe zu schaffen. Ganz im Gegenteil: Wie alle anderen Beziehungen zwischen Unternehmen und Beiratsmitgliedern, muss auch die Beziehung mit einem beauftragten Familienunternehmer im Beirat evaluiert, thematisiert und gepflegt werden.
Welche Überlegungen in diesem Zusammenhang essentiell sind – von der Auswahl der idealen Beiratsmitglieder über die verschiedenen Erwartungen aller Beteiligten bis hin zu den Fallstricken von impliziert positiven Beziehungen zwischen den involvierten Familienunternehmern – zeigt Dr. Otto W. Obermaier, früherer Partner und heute Senior Advisor bei Spencer Stuart, im Praxisleitfaden „Familienunternehmer als externer Beirat“, herausgegeben in Kooperation mit dem Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) und mit einem Vorwort des renommierten Wissenschaftlers Prof. Dr. Arist von Schlippe, Inhaber des WIFU-Stiftungslehrstuhls Führung und Dynamik von Familienunternehmen.
Im Rahmen seiner Dissertation, welche die Basis des Leitfadens bildet, interviewte Dr. Obermaier insgesamt 59 Mitglieder aus den Beiräten von 19 namhaften Familienunternehmen zu verschiedenen Aspekten hinsichtlich der gegenseitigen Erwartungen zwischen Inhabern und Beiratsmitglied. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass in der Mehrzahl der Fälle die Beziehung von beiden Seiten positiv bewertet wird. Dies ist vor allem auf den gemeinsamen unternehmerischen Hintergrund und die daraus resultierenden geteilten Werte sowie Denk- und Handlungsansätze zurückzuführen. Verbesserungspotenzial besteht in dieser Konstellation dann, wenn beide Seiten davon absehen, kritische Themen anzusprechen, um den implizierten Konsens nicht zu gefährden. So können Verbindungen entstehen, die fortgeführt werden, obwohl sie objektiv betrachtet nicht optimal funktionieren.
Den kompletten Leitfaden mit den ausführlichen Untersuchungsergebnissen und Empfehlungen finden Sie hier.
Wer sich für die detaillierten Ergebnisse der Studie interessiert, kann zurückgreifen auf das im Handel erhältliche Buch (Wittener Schriften zu Familienunternehmen, Band 26). Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht: Obermaier, O.W. (2019): Familienunternehmer als externe Beiräte. Empirische Untersuchung einer häufig gewählten Besetzung: Wie gut ist sie wirklich?